Zwei Wochen auf der Insel: Unser Kamerad Jo Herbst unterstützte kürzlich die Feuerwehr Helgoland als Verstärker. Hier das Interview mit Jo, geführt von unserer Kameradin Amely Herbst:
Einstieg & Motivation
- Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, bei einem Austausch mit der Freiwilligen Feuerwehr auf Helgoland mitzumachen? Ich bin durch einen Bericht in den Medien darauf aufmerksam geworden. Bei der Bewerbung muss man allerdings etwas Glück haben, da der Dienst extrem begehrt ist und man entweder sehr spontan sein oder über ein Jahr im Voraus planen muss.
- Was hast du dir im Vorfeld von diesem Austausch erwartet – und hat sich das erfüllt?
Ich war zuvor bereits einmal als Tagestourist auf der Insel. Die Zeit reicht dann aber nicht aus um sich alles in Ruhe angucken zu können. Das hat allerdings während des Inseldienstes geklappt. Mein Ziel war es viel Ruhe zu haben, die Feuerwehr und die Insel kennenzulernen.
- Wie hast du dich auf den Aufenthalt vorbereitet? Gab es besondere Schulungen oder Absprachen?
Im Vorfeld müssen die Anmeldeformalitäten erledigt werden. Zu den Voraussetzungen zählen u.A., dass der Verstärker Atemschutzgeräteträger mit zum Zeitpunkt des Besuchs gültigen Untersuchungen sein muss. Diese Voraussetzungen müssen vorher schriftlich bei der Gemeinde Helgoland vorliegen. Hinzu kommt, dass es wünschenswert ist im Besitz des LKW-Führerscheins zu sein. Da Helgoland mit der Fähre zu erreichen ist muss man die Überfahrten rechtzeitig buchen. Auch einen sturmflutsicheren Parkplatz sollte man für die 14 Tage reservieren, da man seinen PKW nicht mit auf die Insel nehmen kann – Autos und auch Fahrräder sind dort verboten.
Leben & Arbeiten auf Helgoland
- Wie war es, zwei Wochen lang auf einer Insel zu leben – so ganz abgeschieden vom Festland?
Das Leben als Kurzzeitinsulaner hat mir gut gefallen. Es gibt alles, was man zum Leben braucht. Man merkt aber schon, dass man sich etwas einschränken muss, was z.B. die Bewegungsfreiheit angeht. Man kann sich nicht eben ins Auto oder die Bahn setzten und jemanden Besuchen oder etwas besonderes besorgen. So etwas muss immer geplant werden, denn ohne Fähre kommt man nicht von der Insel. Gerade bei schlechtem Wetter mit starkem Seegang ist der Fährbetrieb auch mal eingestellt und man kommt nicht weg.
- Worin unterscheidet sich die Arbeit auf Helgoland von der Arbeit bei eurer Feuerwehr hier?
Die Feuerwehr Helgoland hat zwei Gerätehäuser. Das ist bei einer Feuerwehr dieser Größe eher untypisch. Auch die Ausstattung ist umfangreicher als normal. Vom CSA bis Höhenrettungsgerät ist vieles vorhanden, damit man auf alle Eventualitäten vorbereitet ist. Sogar eine kleine Drehleiter ist vorhanden.
Diese Ausstattung ist nötig, weil man nicht einfach die Nachbarfeuerwehr oder Spezialkräfte zur Unterstützung alarmieren kann. Man ist sehr auf sich allein gestellt.
Genauso ist es nicht möglich seine Sachen einfach zur FTZ zu bringen oder ein defektes Fahrzeug in eine Werkstatt. Hier kommen dann oft die Monteure und reparieren vor Ort oder die Feuerwehrleute erledigen es selbst.
- Gab es bestimmte Einsätze oder Übungen, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
Während der 14 Tage gab es zwei Übungsdienste an denen man ganz normal, wie bei der Feuerwehr zu Hause teilnimmt. Die Helgoländer nehmen einen super auf und erklären und zeigen alles. Man fühlt sich direkt wohl.
Einsätze gab es in der Zeit drei. Zweimal ging es zu einer ausgelösten Brandmeldeanlage und einmal zu einer Technischen Hilfeleistung, bei der ausgetretendes Hydrauliköl aufgefangen werden musste.
- Wie war das Verhältnis zu den Kameradinnen und Kameraden auf Helgoland – wurdest du gleich aufgenommen?
Ja, man wird erstmal von den Verstärkern empfangen, die an dem Tag abreisen, an dem man ankommt. Diese übergeben einem die Wohnung und erklären ein wenig, woran man denken und worauf man achten muss. Dann geht es zu einem der zwei Gerätewarte um eine kleine Einweisung in Gerätehaus und Fahrzeuge zu bekommen. Jeder Verstärker bekommt einen Spind für seine mitgebrachte persönliche Schutzausrüstung. Da Abends gleich der erste Dienst stattfindet, kommt man schnell ins Gespräch und nach dem Dienst bleibt auch noch Zeit sich auszutauschen.
Eindrücke & Erfahrungen
- Was war die größte Herausforderung während des Austauschs?
Die größte Herausforderung ist eigentlich sich schnell in der neuen Situation zurechtzufinden. Fremde Fahrzeuge, andere Abläufe und neue Kameraden sind erstmal gewöhnungsbedürftig. Die Tätigkeit der Feuerwehr ist aber so, wie man sie auch aus der eigenen Feuerwehr kennt.
- Gab es etwas, das dich besonders überrascht oder beeindruckt hat – positiv oder negativ?
Die Offenheit der Helgolander Kameraden ist wirklich klasse. Mit dem einen kommt man mehr ins Gespräch, als mit dem Anderen, aber das ist ja normal. Für die Helgoländer ist es vielleicht auch Normalzustand ständig neue Verstärker kennenzulernen. Die Insel an sich hat auch viel zu bieten, wofür man ein paar Tage Zeit benötigt. Man kann mit dem Dünentaxi zur Düne fahren, Minigolf spielen, das Schwimmbad besuchen, zur Langen Anna wandern, am Hafen shoppen, Börteboot fahren oder mit etwas Glück Robben und Seehunde beobachten. Auch geschichtlich ist Helgoland interessant, die Bunkeranlage ist einen Blick wert.
- Welche Ausrüstung oder Technik ist auf Helgoland anders als bei euch zu Hause?
Die Prüftechnik für Geräte, Fahrzeuge, Schläuche usw. ist unüblich bei einer Feuerwehr ähnlicher Größe. Wie ja schon erwähnt kann man nichts mal kurz zur Prüfung wegbringen und muss das selbst leisten. Auch die Atemschutzgeräteträger fahren nicht zum Festland um auf der Atemschutzstrecke ihren Leistungsnachweis zu erbringen. Hierfür steht eine eigene Atemschutzstrecke zur Verfügung.
- Was hast du über die Insel und die Menschen dort gelernt?
Die Menschen dort sagen über sich selbst, dass sie sich keinen Stress machen. Alle kommen sehr entspannt rüber und sind sehr sympathisch.
Auf dem Festland herrscht doch ein etwas anderer Alltagsstress.
Persönliches & Nachwirkung
- Gibt es eine besondere Geschichte oder ein Erlebnis, das du nie vergessen wirst?
Nein, die zwei Wochen waren toll und bleiben mir in guter Erinnerung.
- Was hast du für dich persönlich aus dem Austausch mitgenommen?
Bestehende Gemeinschaften sind nach außen oft immer etwas abgegrenzt. Vielleicht sollte man den offenen Umgang als Beispiel nehmen um das Miteinander noch besser zu gestalten.
- Würdest du den Austausch wieder machen – und würdest du ihn anderen empfehlen?
Absolut. Vielleicht nicht gleich nächstes Jahr aber irgendwann werde ich das wiederholen. Es war eine einmalige Gelegenheit mal über den Tellerrand zu schauen und neue Eindrücke zu gewinnen.
- Hat sich dein Blick auf die Feuerwehrarbeit (oder auf Teamarbeit allgemein) durch die Erfahrung verändert?
Feuerwehr lebt ja von Teamarbeit. Allein funktioniert so etwas nicht und es ist auch gut zu wissen, dass man hier viele Möglichkeiten hat Unterstützung zu bekommen und vielleicht auch nicht alles immer selber können muss. Oft hilft schon „Schwarmwissen“ weiter. Gemeinsam sind wir stark.





